Stiftisches Humanistisches Gymnasium Mönchengladbach
Das Projekt2018-09-13T10:37:13+00:00

Spaziergang 2.0 – Im Hier und Jetzt in das Gestern eintauchen

Geschichte ist zunächst einmal nicht in einem Buch niedergeschrieben oder im Internet zu finden. Geschichte ist da, wo wir leben. Wo unsere Wurzeln sind. Wo wir selbst begonnen zu haben, unsere Geschichte zu schreiben. Uns war es daher von Anfang an wichtig, ein Projekt zu entwickeln, welches den Raum, in dem wir leben, in den Blick nimmt. Unser interaktiver Stadtspaziergang ist ein solches Projekt.

Gruppenfoto Spaziergang

Was haben wir gemacht?

Wir haben einen interaktiven Stadtspaziergang entwickelt, der für Schüler der Mittel- und Oberstufe gedacht ist. Die Idee war, zu verschiedenen Orten der Stadt Informationen in Archiven, bei Zeitzeugen und Experten und in der Fachliteratur zu recherchieren. Diese Informationen haben wir durch die SocialMedia Agentur Rubivision digital aufbereiten lassen, indem wir auf dieser Website einen Spaziergang durch unsere Stadt erstellt haben, der durch bestimmten Orte läuft und zu dem vor Ort digitale Informationen abgerufen werden können. Konkret sollen in der Klasse vor dem Spaziergang Arbeitsgruppen gebildet werden, die die einzelnen Orte anhand des Materials vorbereiten. Während des Spaziergangs halten dann die Expertengruppen an ihrem jeweiligen Ort ein kurzes Referat. An ausgewählten Stellen des Referates können die zuhörenden Schüler dann digitale Informationen auf ihrem Smartphone abrufen und zum Beispiel Zeitzeugeninterviews, Fotos und Filmdokumente betrachten. Ein solcher Spaziergang sollte eine Gesamtdauer von 90 Minuten haben. Angesichts der Vielzahl der Themen und Informationen erscheint es uns durchaus realistisch, dass zwei Spaziergänge in diesem Umfang durchgeführt werden können. Die Fachkonferenz Geschichte unserer Schule hat diesem Vorhaben volle Unterstützung gegeben und beschlossen, einen solchen Spaziergang fest im schulinternen Curriculum zu implementieren. Wir hoffen, dass weitere Schulen der Stadt Mönchengladbach diesem Beispiel folgen und Geschichtsunterricht durch den lokalen Bezug noch interessanter und anregender für Schüler und Lehrer wird.
Über diese digitale Form der Auseinandersetzung hinaus wollen wir auch eine große Wandkarte gestalten. Sie soll die wichtigsten Orte unseres Spazierganges beinhalten, zusätzliche Informationen über diese Orte geben und an einem gut sichtbaren Ort im Schulgebäude platziert werden.

Welche Orte sollte der Spaziergang aufsuchen und warum?

Die Manipulation der Jugend im Nationalsozialismus ist ein wichtiges Thema im Geschichtsunterricht und kann am Beispiel der HJ und des dazugehörigen Gebäudes an der Lüpertzender Straße sehr gut aufbereitet werden.

Die evangelische Stiftung Hephata war ein Heim für geistig behinderte Menschen. Im Mönchengladbacher Standort wurden während der NS-Zeit 180 Menschen ermordet. Das Thema Euthanasie ist wichtig, weil es deutlich macht, wie umfassend die Unmenschlichkeit des Regimes war.

Vor 79 Jahren wurden die Mönchengladbacher Synagogen vom 9.11 auf den 10.11.1938 von SA-Leuten niedergebrannt. Eine Synagoge stand in Rheydt an der Wilhelm-Strater-Straße und die andere an der Blücherstraße. Für die Synagoge auf der Blücherstraße gab es einen Augenzeugen, nämlich den damaligen Kantor der Synagoge, Mauri Neufeld, der gegenüber der Synagoge wohnte. Diese Nacht ist eine traurige Erinnerung aber auch eine wichtige, damit so etwas nicht noch einmal passiert.

Des Weiteren möchten wir uns mit dem Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde nach 1945 und dem damit eng verbundenen langjährigen Vorsteher dieser Gemeinde, Kurt Hecht, beschäftigen. Kurt Hecht hatte großen Anteil am Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde in Mönchengladbach. Er arbeitete ehrenamtlich im Vorstand der Gemeinde und war sehr auf die Zusammenarbeit von Juden und Christen bedacht.

Durch die Geschichte und Entwicklung der jüdischen Volksschule in Mönchengladbach erhalten wir einen Einblick in den Alltag der jüdischen Schülerinnen und Schüler zur Zeit des NS-Regimes und wie dieser sich verändert hat. Es ist interessant und wichtig zu erfahren, wie sich die Haltung gegenüber den Nazionalsozialisten und die Situation der Schule von einer Teilnahme an einem Siegeszug zu Ehren Hitlers im Januar 1933 bis hin zur Schließung der Volksschule im Jahr 1942 und der Deportation vieler Schülerinnen und Schüler geändert hat.

Da Goebbels Kindheit, bzw. sein Leben in Rheydt für seinen späteren politischen Werdegang im NS-Regime und für die Entwicklung seiner Persönlichkeit sehr bedeutend waren und da er als Person mit einer sehr besonderen Stellung im Dritten Reich für unser Projekt zum Nationalsozialismus in Mönchengladbach unverzichtbar ist, habe ich mich dazu entschieden mich genauer mit seiner Geschichte auseinanderzusetzen. Zudem bietet sich der oben genannte Ort sehr gut an, in unser Projekt eingebunden zu werden.

Soziale und wirtschaftliche Ausgrenzung durch die sogenannte Arisierung jüdischer Geschäfte und Unternehmen sind ein wichtiges Thema, welches auch in der Geschichte Mönchengladbachs eine Rolle spielt. Die beiden Orte stehen exemplarisch für die zahlreichen Familienunternehmen und Betriebe, die mit sehr viel harter Arbeit aufgebaut und geleitet worden sind. Zudem ist die Galeria Kaufhof auch heute noch ein bekannter Ort in der Innenstadt. Wir finden es wichtig, dass auch dieser Teil der Geschichte bekannter und präsenter wird.

  • Huma
    • Thema: Schule und Bildung / Giesing

Als das älteste Gymnasium in der Stadt ist das Stiftische Humanistische Gymasium ein wichtiger Zeitzeuge für die Geschichte der Stadt Mönchengladbach und auch für die dunkle Zeit des Nationalsozialismus. Durch List und Geschick gelang es Schulleiter Wilhelm Giesing, viele Vorgaben der Machthaber zu umgehen oder in ihren Auswirkungen abzumildern. Leider verlor er genau deshalb seine Position an der Schule, wurde aber nach dem Krieg rehabilitiert. Auch der Krieg hat seine Spuren am Huma hinterlassen und seine Geschichten von Chaos und Zerstörung zu erzählen.

Hans Jonas zählt zu den bekanntesten Bürgern Mönchengladbachs und war gleichzeitig Abiturient des Stiftisch Humanistischen Gymnasiums. Durch seine philosophischen und religionswissenschaftlichen Arbeiten, vor allem seine Ideen zum Thema Verantwortung und Umwelt, erlangte er internationale Anerkennung, und auch die Stadt Mönchengladbach würdigte ihn durch die Ehrenbürgerschaft besonders. Eine weitere Würdigung erfuhr er durch die Errichtung eines Denkmals im nach ihm benannten Hans-Jonas-Park.

Warum ein Spaziergang?

Wie das zu Beginn eingebrachte Zitat von Johann Gottfried Seume deutlich macht, ist Gehen sicherlich die beste Methode, einen Ort bewusst zu erleben und zu spüren. In einer Zeit zunehmender Oberflächlichkeit ist das Erlaufen des Raumes und seiner Geschichte ein guter Weg, das Geschichtsbewusstsein der Schüler zu stärken. Jeder, der einen solchen Spaziergang gemacht hat, wird seine Stadt und viele Orte in dieser Stadt danach mit anderen Augen sehen. Es kann somit ein Erinnern, Gedenken und Nachdenken im Alltag stattfinden und eine Auseinandersetzung mit den Schrecknissen der NS-Zeit wird auch außerhalb des Unterrichts immer wieder ermöglicht. Dies ist in unseren Augen die beste Prävention und der beste Schutz vor dem Vergessen und dem Wiederaufflammen mörderischen Gedankenguts.

Warum eine Website?

Das Smartphone ist der ständige Lebensbegleiter von Jugendlichen geworden. Sie haben es immer in der Tasche. Daher war es für uns naheliegend, dieses Medium einzubinden, weil man auf diesem Weg unsere heutige Schülergeneration besonders gut erreichen kann. Es ist uns zudem wichtig zu zeigen, dass man dieses Gerät auch für Bildungszwecke nutzen kann und dass es auch Inhalte bereithalten kann, die uns zu tiefem Nachdenken anregen. Die Möglichkeit Videos anzusehen, Fotos zu betrachten (von denen uns das Stadtarchiv einen reichlichen, digitalisierten Fundus anbieten kann) und Interviews zu hören, erscheint uns besonders attraktiv. Dies kann man mit einem gewöhnlichen Referat nicht erreichen.

Fazit

Unsere Ziele sind klar:

  1. ein attraktives Element, welches den Geschichtsunterricht hier und an anderen Schulen belebt
  2. eine aktive Auseinandersetzung mit der Geschichte unserer Heimatstadt
  3. motivierende Inhalte durch neue Medien
  4. handwerklich solide Recherche in Archiven
  5. ein Projekt, dass nach innen und nach außen wirkt
  6. eine neue Form der Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus, die nachhaltig wirkt

Wir hoffen, dass wir diese Ziele mit dieser Website erreicht haben und freuen uns auf jedwede Kritik und Rückmeldung.

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