Stiftisches Humanistisches Gymnasium Mönchengladbach

Synagoge Mönchengladbach

Kurt Hech

Der Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde nach 1945 wurde besonders vom langjährigen Vorsitzenden Kurt Hecht unterstützt. Er hatte großen Anteil am Prozess des Neuaufbaus und arbeitete ehrenamtlich im Vorstand der Gemeinde.
 Kurt Hecht wurde am 26. November 1916 in einem preußischen Lazarett in Tempelburg in Pommern geboren. Er und seine Familie kamen nach Mönchengladbach, als er 12 Jahre alt war. Seiner Mutter Erna Hecht gehörte das Offenbacher Lederhaus auf der Hindenburgstraße und seinem Vater ein Schuhgeschäft. Hecht besuchte das Stiftische Humanistische Gymnasium, verließ die Schule aber 1935 kurz vor seinem Abitur und fing eine Lehre bei der Firma Simons & Co an. Nach seiner Lehre wurde er jedoch aufgrund seiner jüdischen Herkunft entlassen. Daraufhin war er Schüler einer Ingenieurschule in Mönchengladbach.
Aufgrund der Pogromnacht, in der auch die Mönchengladbacher Synagoge zerstört wurde, schickte ihn sein Vater 1938 weg. Kurt Hecht floh 1939 über die Siegfried-Grenze (westliche Grenze Deutschlands, auch bekannt als Westwall) und nahm 1940 eine neue Identität an. Sein Vater Julius Hecht fühlte sich selber sicher, da er von 1914 bis 1918 im Ersten Weltkrieg deutscher Frontoffizier war.
Im Jahr 1944 wurde Kurt Hecht, der sich bei einem Apotheker versteckt hatte, von einem Gestapo-Beamten aus Mönchengladbach erkannt und verhaftet. Anschließend wurde er in das Konzentrationslager Mechelen gebracht. Dieses belgische KZ wurde aber 1944 von britischen Soldaten befreit, als Kurt Hecht im Alter von 29 Jahren war.
Kurt Hecht entschied sich nach Mönchengladbach zurückzukehren und traf dann im Juli 1945 ein. Er erfuhr, dass seine Eltern und seine Schwester am 20. April nach Majdanek deportiert und dort auch ermordet worden waren. Auch 30 weitere seiner Familienmitglieder waren ermordet worden.
Am Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde arbeitete Kurt Hecht schon im Jahr 1945 mit. Der erste Gottesdienst der jüdischen Gemeinde fand am 05. März 1945 im Schloss Rheydt statt.
Er wurde kurz darauf zum Vorstand gewählt, den er mit Isaak Ostrowicz bildete. Die jüdische Kultusgemeinde hatte am Anfang der Nazi-Diktatur 1200 Mitglieder. Davon konnte die Hälfte auswandern, während man Ende der 60er-Jahre 120 Mitglieder zählte. Heute sind die Mitgliederzahlen auf bis zu 750 angestiegen.
Das Gemeindezentrum, bei dessen Neueinrichtung Hecht auch half, entstand schließlich 1967.
Kurt Hecht starb am 02.01.1991.
 Als besonderen Verdienst bezeichnet man seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit und besseren Verständigung von Christen und Juden.

Quellen:
jüdische-gemeinden.de
Rheinische Post: Mönchengladbacher Stadtpost, Ausgabe Nr. 175 – Donnerstag, 01. August 1985
Rheinische Post: Mönchengladbacher Stadtpost, Ausgabe Nr. 274 – Mittwoch, 24. November 1976
https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-12447-20110624-9

Die ehemalige Synagoge auf der heutigen Blücherstraße in Mönchengladbach

Die ersten urkundlichen Hinweise auf jüdisches Leben in Mönchengladbach stammen aus den Jahren 1337/1346. Aufgrund der Verfolgung während der Pestzeit wurden die jüdischen Familien vertrieben oder getötet. Erst ab 1869 sicherte ihnen das preußische Gesetz volle staatliche Gleichberechtigung zu.
Von circa 1810 bis 1840/50 verfügte die jüdische Gemeinde über einen Betraum in einem Hinterhaus am Abteiberg. In der Folgezeit mietete man sich Räumlichkeiten im Rathaus, dem ehemaligen Abteigebäude und hielt dort Gottesdienste. Im 19. Jahrhundert gab es jeweils eine Synagoge in Mönchengladbach, Wickrath, Rheydt und Odenkirchen.
Die erste Synagoge in Mönchengladbach wurde 1882/83 an der Karlstraße, der heutigen Blücherstraße in Mönchengladbach erbaut. Für den Bau der repräsentativen Synagoge im maurischen Stil war der aus Langensalza stammende Architekt Carl Branzke verantwortlich. Er orientierte sich am Vorbild der 1866 in Berlin errichteten Synagoge.
Die Synagoge wurde am 14./15./16. September 1883 eingeweiht.
Dieselbe wurde im November 1938 während der Reichspogromnacht zerstört. SA-Leute steckten die Synagoge in Brand und ließen nicht zu, dass die Feuerwehr sie löschte. Nur die umstehenden Häuser wurden mit Wasser bespritzt, um zu verhindern, dass sie auch in Flammen geraten würden. Die übriggebliebene Ruine wurde abgerissen. 1974 wurde gegenüber dem früheren Standort, der zerstörten Synagoge an der Blücherstraße, ein Gedenkstein aufgestellt.
Der beauftragte Bildhauer Ulrich Rückriem fertigte diesen mit der Inschrift:
„Dieser Stein wurde errichtet zur Erinnerung an die am 9. November 1938 zerstörte Synagoge und Verfolgung der jüdischen Mitbürger in den Jahren 1933-1945.“
Im Jahr 1967 wurde ein neues Gemeindezentrum eröffnet, d.h. ein Gemeindehaus mit Gebetssaal, welches sich heute noch auf der Albertusstraße befindet. Der Architekt war Helmut Goldschmidt.

Quellen:
jüdische-gemeinden.de
https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-12447-20110624-9
http://m.synagoge.de/gemeinde/juedische_gemeinde_moenchengladbach.html
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/moenchengladbach/wie-die-stadt-braun-wurde-aid-1.700854

Reichskristallnacht in Mönchengladbach

Die Reichskristallnacht (auch Pogromnacht genannt) bezeichnet die Nacht vom 09.11.1938 auf den 10.11., in der die Reichsleitung absichtlich und gezielt deutschlandweit einen Pogrom gegen die jüdischen Mitbürger initiierte.
In dieser Nacht wurden jüdische Geschäfte demoliert und Synagogen in Brand gesteckt. Jugendliche Juden wurden der Schule verwiesen, Erwachsene sogar in Gefängnisse und KZs gebracht.

In Mönchengladbach wurden zum Beispiel gegenüber der Friedrich-Ebert-Straße die Schaufenster der Firma Weinberg zerstört, da diese Firma von Juden betrieben wurde. Ebenso wurden Wohnungen von Juden verwüstet und Besitztümer derer aus dem Fenster geworfen. Ein Zeitzeuge berichtete sogar davon, dass ein kompletter Flügel aus dem Fenster flog.
Auch weitere andere jüdische Firmen und Läden wurden demoliert.

Der 9.11. war außerdem als Gedenktag für diejenigen gedacht, die 1923 bei dem gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsch in Bayern gestorben sind.
Aus diesem Grund wurde von der Reichsleitung am besagten 9.11., ab 1933 ein nationaler Feiertag, eine NSDAP-interne Zusammenkunft in München organisiert.
Aus dieser Veranstaltung heraus kam die Order für diese Handlungen in jener Nacht, deutschlandweit gegen die Juden, in Form von Zerstörung vorzugehen und zwar insbesondere gegen jüdische Gotteshäuser und sonstige Gebäude.
Aus einer historischen Quelle geht hervor, dass die Reichsleitung schon länger auf einen Grund wartete, gegen Juden vorzugehen. Als ein Angestellter der deutschen Botschaft in Paris ermordet wurde, bot sich die Gelegenheit an, die beabsichtigte Zerstörung aller Synagogen als Vergeltung anzukündigen.
Verbreitet wurde diese Order von der Reichsleitung über die Gauleitung bis hin zu den Ortsgruppen und Kreisleitung.
Die Mönchengladbacher Kreisleitung der NSDAP befand sich damals auf der Albertus- Ecke Kaiserstraße, somit nur 150 Meter von der Synagoge entfernt. Mit diesem Vorteil konnte man unauffällig und mühelos leicht entzündliches Material, wie etwa Papier, zur Synagoge bringen.

Anwohner, die einen Brandgeruch wahrnahmen, alarmierten die Feuerwehr.
Ein Feuerwehrmann, der später als Zeitzeuge aus dieser Nacht erzählt, bestätigte, dass die Tore zur Synagoge offensichtlich gewaltsam geöffnet wurden. Weiterhin fand man am Brandherd verbranntes Papier, Decken, Tücher, etc. die gezielt verteilt worden waren, so dass schnell auf Brandstiftung als Brandursache geschlossen werden konnte.

Das Löschen wurde zunächst noch dadurch erschwert, dass der Hydrant mit einem zusätzlichen, geschlossenen Absperrventil bestückt war, der anfangs den Wasserfluss verhinderte.
Dass dieser Umstand eine weitere, beabsichtigte Manipulation war, bestätigte sich durch das, was eine Handvoll Passanten, womöglich Parteigenossen, auf der anderen Straßenseite dem Zeitzeugen zuriefen. Es fielen Sätze wie: „Du musst nicht so eifrig sein“, „Der Tempel muss abbrennen“, „wenn nicht jetzt, dann später“.
Das Feuer konnte trotz aller Behinderungen schnell gelöscht werden.

Jedoch wurde die Synagoge, nachdem das Feuer gelöscht war, ein zweites mal in Brand gesetzt. Der neuerliche Notruf ging um 5:30 Uhr ein. Dieses Mal brannte die gesamte Holzkonstruktion. Um den Brand zu beschleunigen, wurde nun Benzin benutzt. Einigen Berichten zu Folge, wurde die Feuerwehr von der SA daran gehindert, den Brand erneut zu löschen. Die Synagoge brannte bis auf die Grundmauern nieder.

2018-11-09T12:14:32+00:00
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