Stiftisches Humanistisches Gymnasium Mönchengladbach

Arisierung am Beispiel eines jüdischen Unternehmens (heute Galeria Kaufhof)

Bereits nach der Machtübernahme am 30. Januar 1933 positionierten sich zahlreiche Geschäfte als “christliche / deutsche“ Unternehmen, um Diskriminierungsaktionen der Nationalsozialisten zu entgehen. Auch wurde der nichtjüdische Bevölkerungsanteil an dem Betreten der jüdischen Betriebe gehindert, betraten die “Deutschen“ trotz dessen weiterhin jüdische Geschäfte, so wurden sie beleidigt, fotografiert und die Fotos wurden mit dem Hinweis, dass sie beim “Juden“ einkaufen würden in den Zeitungen abgebildet. Die Beschwerden gegen die Beleidigungen wurden vom Staat nicht weiterverfolgt, da die SA-Leute im Sinne der NSDAP gehandelt hatten.

Am 1. April 1933 erfolgte dann der vorläufige Höhepunkt der Diskriminierungsaktionen im Antisemitismus in Form des „Geschäftsboykotts“ zu dem Joseph Goebbels aufrief. Ab da an war es strengstens verboten beim „Juden“ einzukaufen, doch respektierte die Bevölkerung dieses Verbot nicht, wodurch die resultierenden Folgen, wie zum Beispiel die Publizierung der Fotos der “Deutschen“ in einer auf dieses Vergehen spezialisierten Rubrik oder die baldige Schließung dieser jüdischen Geschäfte, deutlich verschlimmert wurden.

Mit der Gesetzesänderung: „Gesetzt zur Wiederherstellung des Beamtentums“ und durch die Einleitung der Arisierung vom 7. April 1933 wurde die wirtschaftliche Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung bewerkstelligt. Mit dem Erlass der „Arisierungsparagraphen“ mussten alle jüdischen Angestellte und Beamte den öffentlichen Dienst verlassen, jüdischen Juristen wurde die Zulassung verweigert und Sie wurden aus den Steuerausschüssen der Finanzämter ausgeschlossen.
Daraufhin folgten am 14. Juli 1933 weitere Gesetzesänderungen. Die erste Abänderung war: „Gesetz über den Widerruf von Einbürgerung und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit“, dabei handelte es sich um den Bevölkerungsanteil, welcher nach dem Ersten Weltkrieg erst die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten hatte, welche Ihnen nun wieder aberkannt werden sollte. Dadurch wurden sie staatenlos, wovon auch Menschen, welche im Ausland lebten betroffen waren. Bereits im August 1933 wurden die ersten Aberkennungen der Staatsangehörigkeit bei 33 Namenhaften Personen wie zum Beispiel bei den Schriftstellern: Heinrich Mann, Lion Feuchtwagner, Kurt Tucholsky und Ernst Toller, aber auch bei dem Publizist Alfred Kerr, sowie bei den Politikern Phillipp Scheidemann, Otto Wels und Wilhelm Pieck, durchgeführt. Die zentrale Behörde zur Einbeziehung, Verwaltung und Verwertung wurde das Berliner Finanzamt, da das Reichsinnenministerium sie damit beauftragte. Eine weitere Abänderung war: „Gesetz über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens“, diese diente als juristische Grundlage für die zahlreichen wirtschaftlichen Enteignungen der jüdischen Bevölkerung.

Neben der Sperrung und Beschlagnahmung von Emigrantenvermögen wurden insbesondere in Dörfern und kleinen Städten von lokalen Vertretern, wie zum Beispiel Vertreter der Gauleiter, Mitarbeiter der Wirtschaftsbehörden, Landräte oder führende Mitglieder der NSDAP zahlreiche jüdische klein- und mittelständige Betriebe arisiert. Dabei reichten die Formen der „Arisierung“ von Beschlagnahmung, Nötigung und Zwangsverkauf über freiwilligen Verkauf deutlich unter Marktwert bis zu dem eher seltenen angemessenen Handel zwischen den resignierten und eingeschüchterten jüdischen Firmeninhabern und den “arischen“ Käufern. Bis dahin wurden jüdische Inhaber von Großindustriellen Unternehmen und Kreditinstituten, bis auf einige Ausnahmen, aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und dem Abbau der Arbeitslosigkeit noch verschont.

Im Sommer 1933 wurde die Warenhauskette Lothar Tietz als erstes Großunternehmen arisiert. Die Gläubigerbanken verweigerten eine Verlängerung der während der Weltwirtschaftskrise aufgenommene Kredite, sodass aufgrund dieser Liquiditätskrise der Vorstand von Tietz vollständig zurücktreten musste. Die Aktien der Familie Tietz hatten einen Gesamtwert von 24 Millionen Reichsmark, doch wurden sie für 8 Millionen Reichsmark an Georg Karg verkauft. Ein sehr ähnlicher Vorgang wurde auch bei der Gastronomiekette Kempinski in Berlin vollzogen. Nach dem Erwerb der Unternehmen konnten die neuen Besitzer ein Darlehen beantragen und so ein florierendes Unternehmen aufbauen.

Im weiteren Verlauf der Arisierung wurden die Enteignungen nicht nur ökonomisch begründet, sondern vor allem rassenideologisch: das gesamte Vermögen würde als “Volksvermögen“ der Volksgemeinschaft dienen.

Durch die „Nürnberger Gesetze“, welche im September 1935 verabschiedet wurden, waren Juden nicht mehr als Teil der Volksgemeinschaft definiert und hatten somit auch kein Anrecht auf das Vermögen. Zu diesem Zeitpunkt waren schon gut ein Viertel der jüdischen Betriebe im Deutschen Reich enteignet.

Nachdem die Ausgrenzung und Ausbeutung zuvor nur auf Juden innerhalb des Deutschen Reichs beschränkt war, wurden nun die Diskriminierungen auf Juden mit Emigrationsbereitschaft gelenkt. Durch Zoll- und Devisenvorschriften brachte die von Heinrich Brüning 1931 ernannte „Reichsfluchtsteuer“, welche zur Bekämpfung von Kapitalflucht eingesetzt werden sollte weitere Haushaltseinnahmen ein. Dabei betrug es 25 % des steuerpflichtigen Vermögens. Doch erhöhte 1934 das Finanzinnenministerium die Freibeträge drastisch und wandelte sie in eine „Sondersteuer“ gegen jüdische Auswanderer um. Bis 1936 emigrierten 100.000 Juden und der Staat hatte alleine durch die „Reichsfluchtsteuer“ 153 Millionen Reichsmark eingenommen.
Mit dem „Vierjahresplan“ verschärfte das NS-Regime die „Arisierungsmaßnahmen“ deutlich. Bis 1938 sollten etwa 60 % aller jüdischen klein- und mittelständigen Unternehmen wie Warenhäuser, Arzt- und Anwaltspraxen, Werkstätten, Geschäften und Kleinkrämerläden enteignet werden. Doch auch weitere Boykottaktionen zerstörten die Existenz von noch bestehenden klein- und mittelständiger Unternehmen.

Am 26. April 1938 wurden Juden durch die „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“ dazu verpflichtet dem Finanzamt ihr gesamtes Vermögen über 5.000 Reichsmark bekannt zu geben und teilweise gegen „Reichskreditkassenscheine“ einzutauschen. Dabei unterlag das Kapital ferner Verfügbarkeitsbeschränkung, sodass die Regierung direkten Zugriff auf das Vermögen hatte. Doch auch Schmuck, Juwelen, Antiquitäten, Immobilien, Aktien und sonstige Wertgegenstände mussten Sie zu Preisen weit unter Marktwert verkauft oder wurden ebenfalls konfisziert.

Ab 1938 blieben auch die Großunternehmen und Kreditinstitute nicht mehr verschont. Dabei wurden jüdische Inhaber oder Teileigner aus dem Unternehmen gedrängt oder mussten ihre Anteile unter Verkaufswert zwangsverkaufen. Im Banken- und Versicherungswesen wurde das jüdische Kapital benachteiligt und konfisziert. Die Lebensversicherungen von Juden wurden storniert oder nur noch teilweise ausgezahlt. Aufgrund dessen konnten die Schulden bei jüdischen Gläubigern kaum noch bezahlt werden und verfielen somit.

Mit dem „Novemberpogrom“ von 1938 weitete sich der legalisierte Raub nochmals drastisch aus. Zum einen müsste die jüdische Bevölkerung selbst für die anfallenden Kosten durch die Zerstörung aus der “Reichspogromnacht“ aufkommen. Zum anderen mussten Sie als Sühnezahler wegen des Mordes von “Herschel Grynszpan“ an dem Legationssekretär Ernst vom Rath eine Judenvermögensabgabe in Höhe von einer Million Reichsmark zahlen, dabei betrug diese gut 60 % der laufenden Staatskosten.

Am 12. November 1938 fand die Arisierung durch die „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ ein erstes Ende.

Nachdem Österreich sich 1938 dem Deutschen Reich angeschlossen hatte, wurden die antisemitischen Gesetze auch auf deren Gebiet übertragen. Aufgrund dessen verloren jüdische Lehrer, Ärzte, Anwälte und Richter ihre Arbeitsplätze und sogar Händler, Ladenbesitzer und Kaufleute mussten in den Markthallen oder auf öffentlichen Märkten ihre Stände räumen. Doch auch jüdische Firmeninhaber und Gesellschafter mussten ihre Unternehmen oder Firmenanteile unter Wert verkaufen, denn sonst würden die Unternehmen zwangsenteignet oder geschlossen werden. Zusätzlich wurde das jüdische Inlandsvermögen beschlagnahmt.

Im Sommer 1938 fanden die ersten „Arisierungen“ in Wien bei den Familien der Gebrüder Alphonse und Louis Rothschild statt, dabei wurden die Wertgegenstände wie zum Beispiel Kunstsammlungen beschlagnahmt. Im August 1938 wurde im Palais von L. Rothschild die Zentralstelle für jüdische Auswanderung, für die Koordination der österreichischen Juden, von Adolf Eichmann errichtet, da aber die Übertragung von jüdischen Vermögen auf Nichtjuden die Zustimmung einer zentralen Vermögensverkehrsstelle, eine sogenannte “Arisierungzentrale“, brauchte wurden im Sommer 1938 mehr als 200 Beamte beschäftigt. In Österreich ließ das Amt alleine 26.000 Betriebe von jüdischen Inhabern schließen. Auch schon vor Kriegsbeginn wurden mehr als 60.000 Wohnungen von deportierten Juden an Volksgenossen vergeben. Diese nahmen den Wohnraum ohne Bedenken an, während die Juden in Sammelquartieren oder in Konzentrationslager abtransportiert wurden.
Im Januar 1939 wurden sämtliche Betriebe jüdischer Eigentümer zwangsgeschlossen und den Juden die Ausübung praktisch aller Berufe verboten. Auch die noch vorhandenen Wertgegenstände mussten zu festen Niedrigpreisen bei staatlichen Stellen eingetauscht werden. Des Weiteren verlor die jüdische Bevölkerung jeglichen Anspruch auf Renten, Pensionen und Versicherungen. Das eingesammelte Vermögen der jüdischen Bevölkerung wurde der Reichsfinanzverwaltung und somit dem Deutschen Reich gutgeschrieben, dabei betrugen diese Einnahmen mindestens 9 % der Reichseinnahmen im Haushaltsjahr 1938/39 aus solchen „Arisierungserlösen“.

Viele Konkurrenten der jüdischen Firmen hatten das Berufsverbot für Juden als “gut“ empfunden, da somit der Konkurrenzkampf in den einzelnen Branchen deutlich gesunken war. Doch auch von der juristischen Seite wurde dieser Aspekt weitgehend ausgeschöpft, da Anwälte und Notare die Käufer von Zwangsenteignungen juristisch berieten oder bei den Vertragsabschlüssen halfen. Auch die Banken betreuten das “Arisierungsgeschäft“ auf finanzieller Ebene, da sie den neuen Besitzern der enteigneten Unternehmen Kredite gewährten, sodass sie in ihre Unternehmen gewinnbringend investieren konnten. Des Weiteren erstellten sie für die staatlichen Behörden Listen über jüdische Kontoinhaber. Allein die Deutsche Bank hat durch die Arisierung einen Gewinn erwirtschaften können, da sie aufgrund dieser Machenschaften das renommierte Unternehmen “Bankhaus Mendelssohn“ übernahm.

Am 1. September 1939 wurde mit dem Überfall auf Polen die Arisierung auf fast alle besetzten Länder ausgebreitet. Daraus folgte, dass die Wohnungen in West- und Osteuropa der deportierten Juden leergeräumt und die Besitztümer der Juden nach Deutschland transportiert wurden. Diese wurden dann in Aktionshäusern als “jüdisches Umzugsgut“ versteigert oder sie wurden von Wohlfahrtsverbänden wie zum Beispiel vom Winterhilfswerk an Notdürftige verschenkt, die durch die Bombardierung mittellos wurden. Doch alleine die “französische Beute“ füllte mehrere zehntausende Eisenwagenwaggons und aus der Niederlande wurden ebenso viele jüdische Besitztümer nach Hamburg transportiert, doch dort standen noch etwa 4.000 Kisten mit “jüdischem Umzugsgut“, welches durch den Kriegsausbruch nicht mehr verschifft werden konnte.

Erst 1941 entschloss die Geheimpolizei, Gestapo, diese “jüdischen Umzugsgüter“ zu versteigern. Dabei entwickelte es sich zu regelrechten “Schnäppchenjagten“ an denen neben der Finanzverwaltung auch ein ganzes Heer von Gutachtern, Spediteure und Lagerverwaltern gut verdienten. Alleine im Zweiten Weltkrieg wurden 100.000 Kunstwerke in ganz Europa beschlagnahmt und gewinnbringend versteigert. Dabei wurden die Kunstwerke durch die Kooperation von dem deutschen Finanzamt und den lokalen Verwaltungen über staatliche Vermittler zu ihren neuen Besitzern gebracht. Doch Adolf Hitler sowie Hermann Göring als auch Joseph Goebbels beanspruchten auch beschlagnahmte Kunstwerke für das Führermuseum oder ihre Villen.

Ab Herbst 1941 war das Berliner Finanzamt auch für die Weiterverwertung, Einkassierung sowohl wie für die Verwaltung des Eigentums der Deportationsopfer aus dem Deutschen Reich zuständig. Eine der letzten Diskriminierungsaktionen der Nationalsozialisten im Deutschen Reich war der Zwang den sogenannten Judenstern, Davidstern, offen zu tragen und sich somit eine weitere Art der Ausgrenzung aus dem gesellschaftlichen Leben zu bewerkstelligen.

Während die Arisierung in Europa auf Hochtouren lief, wurde sie im Deutschen Reich von den Behörden formaljuristisch abgeschlossen. Die 11. und 13. Verordnung des Reichsbürgergesetzes von November 1941 und Juli 1943 erklärten lediglich das gesamte Vermögen, welches durch die im Völkermord umgebrachten Juden als dem Deutschen Reich zu gehörig.

Enteignungen und Wiedergutmachungen

Verlauf der Enteignung

Schon vor dem eigentlichen Kriegsbeginn hatte die deutsche jüdische Bevölkerung mit der Ausgrenzung und später mit der Enteignung zu kämpfen, denn bereits ab dem Jahr 1935 aus wurden Juden offiziell nicht mehr als Teil der Volksgemeinschaft anerkannt und einzelne antisemitische Aktionen fanden bis 1937 statt. Diese spitzten sich bis ins Jahr 1938 zu, sodass Juden ab dem 26. April 1938 aufgrund der „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden.“ dazu verpflichtet waren ihre Vermögenswerte zu registrieren. Die hierzu gesammelten Daten fungierten später als Basis zur Enteignung des jüdischen Eigentums und der Übertragung dessen auf nichtjüdische Eigentümer, indem sie Auskunft über die Besitztümer gaben. Des Weiteren wurde schon vor 1939 Druck auf jüdische Geschäftsbesitzer ausgeübt, damit sie ihre Betriebe deutlich unter ihrem Marktwert verkauften.

Mit der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 12. November 1938 wurden auch die verbliebenen Einzelhandelsverkaufsstellen und Handwerksbetriebe mit jüdischen Inhabern ab dem Januar 1939 zwangsweise enteignet und unter ihrem Marktwert an nichtjüdische Interessierte verkauft. Jedoch wurden nicht nur Unternehmen, sondern auch Wertgegenstände wie Schmuck, Juwelen, Aktien und Antiquitäten deutlich unter deren Wert verkauft und von Nichtjüdischen erworben. Folgen dieser Verordnung waren, dass Juden aus Genossenschaften austreten mussten, kein Handwerksbetrieb oder Einzelhandelsgeschäft betreiben durften und es ihnen untersagt wurde Waren und Dienstleistungen anzubieten. Zusätzlich wurde an dem selben Tag die Verordnung über eine „Sühneleistung“, die Judenvermögensabgabe, der Juden in Höhe von 1 Milliarde Reichsmark von Göring unterzeichnet, mit der Begründung, dass die Juden für die zu Stande gekommenen Schäden in der Reichspogromnacht Verantwortung tragen sollten. Er forderte diese „Sühneleistung“ für „die feindliche Haltung des Judentums gegenüber dem deutschem Volk“. Aufgrund dessen mussten alle Juden mit einem Vermögen, welches über 5000 Reichsmark betrug, bis zum 15. August 1939 20 Prozent dessen an die Finanzämter abgeben. Drei Wochen darauf folgte am 3. Dezember 1938 eine weitere Verordnung: die Verordnung über den Einsatz jüdischen Eigentums, welche sich auf die Verordnung vom 12. November bezog und allen Juden anordnete ihre Gewerbebetriebe zu verkaufen, ihren Grundbesitz zu veräußern und ihre Wertpapiere bei einer Devisenbank zu hinterlegen. Es folgte eine Anweisung darauf ihre Wertsachen bis zum 31.März 1939 bei staatlichen Ankaufstellen abzugeben.

Flörsheim & Co

Die Firma Flörsheim wurde von den Antragstellern Karoline Flörsheim und Hermann Flörsheim im Jahr 1896 gegründet. Nach dem Inhaber und später Verfolgten Hermann Flörsheim übernahm Dr. Werner Flörsheim die Firma. Es handelt sich hierbei um eine Textilindustrie beziehungsweise eine Mechanische Cord- und Velvet- Weberei, welche sich ehemalig auf der Lürriper Straße 22-24 in Mönchengladbach befand.

Entschädigt wurden allerdings nicht die Antragsteller sondern folgende Personen: Julius Flörsheim, Hans Adolf Flörsheim, Julius Kalter.
Julius Kalter, geboren in Gelsenkirchen, war Jude und Prokurist der Firma Flörsheim & Co.
In dem Jahr 1935 musste er infolge der nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen seine Stellung aufgeben und war am 01.12 1935 in die Niederlande ausgewandert.
In dem Jahr 1942 wurde er aufgrund der Besetzung der Niederlande durch deutsche Truppen erneut dazu gezwungen seine Stellung aufzugeben und war ab April 1943 in die Illegalität untergetaucht, da er davor gewarnt wurde, dass er verhaftet und in ein Vernichtungslager gebracht werden würde. Während des Zeitraums vom April 1943 bis zum 04.05.1945 wurde er von Willen van Woerkom versteckt gehalten.
Kalter wurde für den Schaden an Freiheit durch Freiheitsbeschränkung, unter der Bedingung, dass er in der Illegalität gelebt hatte und den Judenstern im Zeitraum von 30.01.1933- 08.05.1945 getragen hatte, mit 5.400 DM (2760,98 €) entschädigt. Außerdem wurden seine Anträge auf Entschädigung für Schaden an Vermögen durch Auswanderungskosten und für Schaden im beruflichen Fortkommen anerkannt. Für ersteres bekam er 100,00 DM (51,13€) und für letzteres 7.560,00 DM (3865,37€) inklusive weitere 6.618,00 DM (3383,73€).
Zudem bekam Julius Kalter eine jährliche Kapitalentschädigung unter Berücksichtigung eines 20 % Zuschlags für fehlende Altersversorgung im Wert von 4.320 RM.
Des Weiteren wurde der Schadenszeitraum verlängert, da der Antragssteller zwar ein Einkommen hatte, dieses lag überheblich über den Tabellensätzen der 3.DV-BEG, jedoch war die Nachhaltigkeit des Einkommens nicht gegeben.
Julius Flörsheim, geboren in Meerholz, erhielt Entschädigung für den Schaden an Vermögen, welches die Auswanderungskosten beinhaltet, in Höhe von 166 DM (59,31€) und Entschädigung für den Schaden im beruflichen Fortkommen beziehungsweise der Entlassung aus seinem Arbeitsverhältnis in Höhe von 11.408 DM (5832,82 €).
Hans Adolf Flörsheim, auch bezeichnet als Harry Flörsheim, wurde in Mönchengladbach geboren und erhielt Entschädigungen im Zeitraum von 1958- 1967. Für den Schaden in beruflichen Fortkommen/ Entlassung aus privatem Arbeitsverhältnis erhielt er 11.029 DM (5639,04 €), für den Schaden an Sonderabgaben wie zum Beispiel die Reichsfluchtsteuer und Umzugsausgabe 12.600 DM (6442,28 €), für Schaden am Vermögen durch Auswanderungskosten oder Transferverlust 28.839,88 DM (14745.60 €) und für Schaden im wirtschaftlichen Fortkommen 2.893,48 DM (1479.41€). Des Weiteren erhielt er als Soforthilfe für Rückwanderer 3.000 DM (1533,88€).
Er ist am 20.05.1938 von Mönchengladbach nach Amerika ausgewandert und zog 1967 zurück nach Deutschland, Düsseldorf.

Quellen:
http://ns-zeit.allianz.com/de/allianz-im-nationalsozialismus/allianz-1933-1945/arisierung/die-arisierung-juedischen-eigentums/
https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/industrie-und-wirtschaft/arisierung.html
http://www.deutschlandfunk.de/ns-regime-systematisch-enteignet-und-vertrieben.766.de.html?dram:article_id=268648
Akten im Stadtarchiv: 1d 118/700

2018-11-09T12:31:47+00:00
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